WELT LEHRER TAGUNG 2013
Info: Paedagogik-goetheanum
Fortbildung: Clowning für FremdsprachenlehrerIn seinem Buch „Language Teaching at Steiner Waldorf Schools“ schreibt Johannes Kiersch über die zentrale Bedeutung, die künstlerischen Fähigkeiten im Sprachunterricht zukommt, insbesondere wenn man bedenkt wie die neuesten Erkenntnisse der Forschung unsere Vorstellung vom Erlernen von Sprachen umgekrempelt haben. „Der Fremdsprachenlehrer der Zukunft wird gemeinsam mit Theater- , Musik- und Tanzpädagogen ausgebildet werden…“, denn Sprachenlehrer sollten - und das in höherem Maße als andere Lehrer – Humor und Einfühlungsvermögen besitzen und die Fähigkeit ganz den Augenblick zu erfassen und zu nutzen. Sie sollten ganz bewusst ihre Gefühle und Stimmungen darauf ausrichten können eine entspannte, erwartungsfrohe und produktive Arbeitsatmosphäre zu schaffen.
Peter Lutzger bezieht sich in seiner Doktorarbeit „ The Art of Language Teaching“ auf Kiersch und beschreibt wie stark Clowning und Improvisation dabei helfen Offenheit, Aufmerksamkeit und Einfühlungsvermögen zu entwickeln. Gleichzeitig lernt der Lehrer dabei mit seiner eigenen Unsicherheit, seinen Ängsten und Fehlern in einer konstruktiven und kreativen Weise umzugehen.
Künstlerische Betätigung und praktische Erfahrung sind mit Sicherheit für die Vermittlung von Wissen unabdingbar. „Sie (die Sprachlehrer) müssen … erkennen, dass ihr Beruf es verlangt, dass sie in erster Linie Künstler werden müssen, dann erst Gelehrter oder Gelehrte.“ (Kiersch)
„Der Fremdsprachenlehrer der Zukunft wird gemeinsam mit Theater- , Musik- und Tanzpädagogen ausgebildet werden…“, denn Sprachenlehrer sollten - und das in höherem Maße als andere Lehrer – Humor und Einfühlungsvermögen besitzen und die Fähigkeit ganz den Augenblick zu erfassen und zu nutzen. Sie sollten ganz bewusst ihre Gefühle und Stimmungen darauf ausrichten können eine entspannte, erwartungsfrohe und produktive Arbeitsatmosphäre zu schaffen." (Kiersch)
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Warum eine Woche
Clowning?
Ich habe in der Einführungswoche gemerkt, wie wichtig sie für meine
persönliche Entwichklung wäre und ganz besonders ist es eine Möglichkeit für
mich, einen spontaneren Kontakt zu den Schülern, eine Flexibilitaet in meinenm
Unterricht zu schulen. Eine Intesivwoche Clowning ist jetzt ein fester
Bestandteil der jungen Walorfschueler geworden, weil sie eben diese Qualität
schult.
Bernadette Leblanc-Mock, Rudolf Steiner Schule, Groebenzell, 2011
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Clowning an der Hochschule
Do it with an inner Yes!
Angelika Rauscher (Freie Waldorfschule Gutenhalde, Stuttgart, 2012)
Während meiner Ausbildung
als Fremdsprachenlehrerin an der Freien Hochschule in Stuttgart bin ich
anlässlich eines Wochenendkurses das erste Mal mit „Clowning“ in Kontakt
gekommen. Catherine Bryden leitete diesen Kurs, und für mich wurde an diesem
Wochenende deutlich, dass Clowning eine bestimmte Lebenshaltung ist. Ich
unterrichte aktuell die Klassen 1 – 4 in Englisch und Französisch. Im Folgenden
möchte ich aus meiner Sicht berichten, wie sehr „Clowning“ das Lernen und
Lehren fördern und individualisieren kann. Für mich haben Clowning und
Waldorfpädagogik unter anderem eine Gemeinsamkeit, nämlich die, dass sich auch
beim Clowning der ganze Mensch (Lehrer) mit seinem Wesen in die Beziehung zum
Schüler, zur Klasse einbringt. Beim Clowning handelt der Mensch aus seiner
Mitte heraus.
Ich möchte allerdings, um
Verwirrung vorzubeugen, vorausschicken, was Clowning nicht ist, um danach darzustellen,
was es meiner Meinung nach bedeutet und wie es die Persönlichkeitsentwicklung unserer
Kinder fördern kann.: Eigentlich kann in zwei Sätzen deutlich gemacht werden,
was ich nicht unter Clowning verstehe: Wenn wir an den Zirkusclown denken, der
im Zirkuszelt für alle möglichen Spässe und Tolpatschigkeiten sorgt und „über“
den gelacht wird, können wir sehen, dass wir von dem Menschen, der den Clown
darstellt, nicht viel wissen. Oft heißt es auch, dass hinter seiner lachenden
Fassade ein trauriger Mensch steht. Gerade dies ist Clowning nicht.
Bezugnehmend auf die
menschenkundlichen und pädagogischen Grundlagen der Waldorfpädagogik gehen wir ja
von einer Dreigliederung des Menschen aus, das bedeutet, dass 3 Systeme den
Menschen durchdringen, sie sind allerdings verschieden zentriert:
1. Nerven-Sinnes-System
Es hat seinen Mittelpunkt
im Kopf und ist Träger der Sinnestätigkeit, das Vorstellen und Denken.
2. Rhythmisches System
Es zentriert sich im
Bereich Herz, Lunge und ist der Träger des Fühlens.
3. Stoffwechsel-Gliedmassensystem
Es ist vorwiegend im
unteren Menschen angesiedelt und Träger des Willens.
Diese 3 Systeme
durchdringen gewissermaßen den Menschen. Grundsatz der Waldorfpädagogik ist es
ja, entsprechend dem Lebensalter des Kindes den Lernstoff so an das Kind
heranzutragen, dass es entsprechend seiner Entwicklung den Lernstoff so aufnehmen
kann, dass es der Persönlichkeitsbildung des Kindes dient.
Persönlichkeitsentwicklung ist demnach ein zentraler Aspekt in der Waldorfpädagogik.
Besonders zwischen dem 7. und 14. Lebensjahr ist es also wichtig, dass jeglicher
Lernstoff so gelehrt werden soll, dass das Kind diesen Stoff empfinden kann und
hier setzt auf positive Weise das an, was Clowning im Fremdsprachenunterricht
leisten kann. Dadurch, dass wir Sprache so unterrichten, dass sie den mittleren
Menschen anspricht, also das rhythmische System, braucht es den rechten
Atemimpuls und die Offenheit des
Herzens. Mit Offenheit des Herzens meine ich, dass die Schüler, die wir
unterrichten, spüren müssen, dass der Mensch, der in dieser fremden Sprache
spricht, das, was er sagt und wie er es mit seinem Körper ausdrückt, dasselbe meint
und wahrhaft ist. Im Fremdsprachenunterricht ist der Lehrer die Person, durch
die die Schüler zum ersten Mal diese fremde Sprache hören und verstehen lernen,
d. h. dass in keinem Unterrichtsfach der Unterrichtsinhalt so sehr mit der
unterrichtenden Person verknüpft ist. Beispielsweise in Handarbeit ist der
Lerninhalt das Handarbeiten, im Werken das Bearbeiten von Werkstoffen, in
Geographie, Physik, etc. der jeweilige Lernstoff. Im Fremdsprachunterricht ist
der Lehrer die Person, durch die das Fremde das Vertraute wird.
Clowning, so wie ich es an
diesem Wochenende und späteren Kursen erlebte, ist eine zutiefst ehrliche,
schonungslos echte menschliche Haltung. Mit dieser ehrlichen Haltung wird im
Clowning mit all den Widrigkeiten des Lebens umgegangen. Und das ist das
Geschenk, das Clowning in der Beziehung zu Schülern und zur Welt an sich sein
kann. Es ist eine ehrliche und echte Haltung desjenigen, der sich um Clowning
bemüht, ich möchte fast sagen, es ist eine Herzenshaltung, d. h. dass egal, was
ich in der Welt an Situationen (grotesk, lustig, tragisch, verrückt….) erlebe, es
mir diese Herzenshaltung erlaubt, gelassen und sogar mit Humor auf all diese
„ungeplanten“ Dinge im Leben und im Unterricht zu reagieren. Dass es also
nichts gibt, was nicht mit heiterem Erstaunen bemerkt werden kann. Das
Geschenk, von dem ich spreche ist das, dass der andere, der mich dann im Geiste
des Clownings re-agieren sieht, von
seiner eigenen Mitte aus, also seinem Herzen aus spürt und versteht, wieso nun
Erstaunen oder Frage oder Betroffenheit auch durch den Menschen ausgedrückt
wird. Falls dies nun den Anschein erweckt, dass es im Unterricht ums Witzemachen
geht, ist dieser Eindruck falsch, und ich bin auch erfreut, die Erfahrung
gemacht zu haben, dass trotz des Unterrichtens aus dieser interessiert-heiteren
Haltung heraus, es keine gravierenden Disziplinprobleme in den Klassen gibt.
Der Gewinn, den das
Clowning im Fremdsprachenunterricht bietet ist auch, dass nichts übersetzt
werden muss. Ich muss nicht aus dem sprachlichen Duktus und schnell mal den
Kindern erklären, wieso die Reaktion nun so oder so ausfällt. Die Kinder
verstehen mit dem Herzen. Ob sie nun die Sprache anfänglich 1 zu 1 verstehen
ist zweitrangig, denn wir sind in erster Linie Mensch, Weltenbürger und erst in
zweiter Linie Englänger, Deutscher, Russe, Franzose…und vieles ist universell
verständlich, wird der Sinn nicht nur mit Worten ausgedrückt, sondern auch mit
der so ehrlich empfundenen Haltung des Menschen, der da spricht.
Als großen Vorteil, die
Haltung des Clownings im Unterricht zu integrieren ist auch, dass ich in dem
Moment, wo es gelingt, ich nicht als
Lehrer vor den Schülern stehe, sondern als ein Mensch mit den Kindern lerne und
übe und hier auch schon oft von den Kindern sehr phantasievolle Beiträge und
Hinweise gegeben wurden, die den Unterricht und unser Arbeiten bereicherten und
neue Facetten hinzufügten. Dies ist für mich ein Hinweis, dass die Haltung des
Clowning die Phantasiekräfte der Kinder anregt und die Kinder sich durch das
Aufgreifen und Integrieren ihrer Beiträge bestätigt fühlen und Interesse
bekommen, sich ganz in den Unterricht einzubringen und dabei ganz vergessen,
dass sie lernen.
Öfters gab es dann auch im
Unterricht dieses herzliche Lachen „miteinander“, das geschieht, wenn Spontanes
sichtbar wird, und das so viel auch in den Kindern lösen kann, was sie in ihren
kleinen Seelen bereits mit in die Schule tragen und für das sie vielleicht
sogar noch nicht einmal Worte haben.
Gelingt es mir, im Sinne
des Clownings, also mit interessiert-heiterer und offener Haltung zu
unterrichten, stelle ich auch fest, dass zu dem Beitrag, den ich zum Gelingen
einer Stunde beisteuere und dem Beitrag, den die Kinder leisten, noch etwas
Drittes hinzukommt. Es lässt sich schwer in Worte fassen, aber es ist hier
nicht so, dass aus 1 und 1 = 2 wird, sondern 3. In dem Moment, wo ich aus
dieser Haltung des Clownings heraus unterrichte und die Kinder dies übernehmen,
entsteht oft etwas Neues, das so VOR Beginn des Unterrichts und in meiner
Planung nicht vorgesehen war, was aber zutiefst echt und kreativ ist. Dies sind
die Unterrichtsstunden, die lebendig sind. Dies ist aber so echt und ehrlich,
dass es nicht eingefroren und in der nächsten Stunde wieder herausgezaubert
werden kann, also dieses Dritte, von dem ich spreche ist nicht planbar, aber
ergreifend, wenn es geschieht.
Als Beispiele, wie
Clowning nun konkret integriert werden kann möchte ich anführen, dass ich im
Unterricht gerne kleine Gedichte, Lieder oder Dialoge in der Fremdsprache
erstmal in den Unterricht reinlege. Wenn einzelne Kinder aus ihrer Phantasie
heraus nun beginnen, ihre Ideen hinzuzugeben, wird es ganz individuell und es
ist von Klasse zu Klasse möglicherweise auch unterschiedlich, da in jeder
Klasse andere Kinder sind. In der 1. Klasse haben wir z. B. ein Lied in
Französisch, bei dem „un petit bonhomme“ in den Wald geht um Äpfel und Birnen
zu holen und auf dem Rückweg muss er 5 x niesen. Nach der Idee von den Kindern
gehen nun Polizisten, Hexen, Angler in den Wald und wir haben großen Spaß. Wir
wiederholen, ohne zu wiederholen. Es ist sehr interessant, wer und was alles in
den Wald gehen kann….
In dem Moment, in dem ich
mich im „Clowning“ übe ist dies auch für mich ein Prozess, mit all den
Widrigkeiten des Lebens und des Unterrichtens umzugehen und er basiert auf großem
Verständnis für alles, was es auf der Welt gibt, und auf unerschütterlicher
Liebe.
Ich bin auch fest davon
überzeugt, dass diese Haltung ausstrahlt und Vertrauen weckt, es den Kindern
erlaubt, Neues gemeinsam zu wagen, denn das Schlimmste was passieren kann ist,
dass man herzlich miteinander darüber lachen kann und gleichzeitig lernt.
Ich möchte schließen mit
einem Satz, den Catherine Bryden einmal während eines Kurses sagte und der
Clowning in einem kernigen, kurzen Satz fasst:
Do it with an inner Yes!
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